Das Ego: Teil 2

Der westliche Ansatz ist die Psychoanalyse. Hier wird mit Hilfe von Gesprächen auf das Problem, auf den Gedanken, der Spannung im Inneren und folglich möglicherweise auch im Außen erzeugt, eingegangen. Die sogenannte Dekonditionierung besteht darin, über das Problem nachzudenken, in die Vergangenheit zum Auslöser des Problems zu reisen, die Gründe aufzudecken und die Psyche von neuem zu konditionieren. Dies kann viel Zeit in Anspruch nehmen und kann bei immer neu auftretenden Problemen, auch das ein oder andere Mal ins Geld gehen. In der Regel kommen diese Probleme immer wieder. Der Ansatz ist: Das Problem kommt aus der Vergangenheit, somit muss es auch in der Vergangenheit ausfindig gemacht werden damit es gelöst werden kann: Denken mit Denken erklären.
Die östliche Philosophie, so auch der Buddhismus hat da eine andere Methode entwickelt, die nicht an die Vergangenheit anknüpft. Hier ist die Aufmerksamkeit vor allem auf das Jetzt, die Gegenwart gerichtet. Es wird von dem natürlichen Geist gesprochen, der nicht durch unser intellektuelles Verständnisvermögen erfahren werden kann. Doch was bedeutet „natürlicher Geist“. Viele spirituelle Lehrer bezeichnen es als das Auflösen des „Egos“. Unser Geist ist geprägt von unserer Umwelt, unserer Einstellung, von Meinungen und Gedanken, die aus Sicht der Wissenschaft wiederum neuronale Muster in unserem Gehirn bedeuten. Neuronen können Verbindungen eingehen und diese wieder lösen. Stellvertretend für diese Verbindungen könnte man auch „Gewohnheiten“ sagen. Das heißt in dem sich die neuronalen Verästlungen verändern, kann man sich Gewohnheiten auch abgewöhnen. Laut buddhistischer Lehren ist dieses neuronale Konstrukt, welches unser Selbstbild erschafft, Grund dafür dass die wahre Natur des Geistes nicht erkannt wird. Im Buddhismus erfolgt diese Erkenntnis durch Praxisübungen wie Meditation oder Yoga. Der natürliche Geist, auch „Buddhanatur“ genannt, ist demnach ein „Bewusstseinszustand“, bei dem die Identifikation mit eigenen Gedanken, dem Selbstbild losgelassen wird.
Der Verstand funktioniert so wie er konditioniert wurde. Die Neuronen plappern nun mal und das ist die natürliche Funktion des Geistes. Bei der Meditation geht es darum diesen Empfindungen und Gedanken Gewahr zu sein. Verweilt man in dieser Aufmerksamkeit und beobachtet all diese Gedanken, ohne sich mental in diesen zu verstricken oder sie zu bewerten, erfährt man die wahre Natur des Geistes. Der Unterschied der Meditation zum normalen alltäglichen Denken ist, dass der Meditierende sein Selbstbild nicht aus seinen Gedanken schließt, sich in diesen schließlich nicht verliert. Der natürliche Geist kann mit einen Raum verglichen werden, der mit den verschiedensten Gegenständen (=Gedanken) gefüllt werden kann. Die Gegenstände können kommen und gehen, der Raum bleibt jedoch immer gleich und unverändert. Folglich auch frei von Störfaktoren. Praktiziert man die Meditation und kommt in den Genuss eines ersten Einblickes, einer Erfahrung von diesem Raum, so stellt sich einen Offenheit und Entspannung ein. Um es auch aus dem Blickwinkel der Wissenschaft zu betrachten: Es bilden sich Verbindungen in den Nervenzellen des Gehirns, welche die Fähigkeit steigern, dieses reine Bewusstsein auch bei mitreißenden Gedankenströmen aufrecht zu erhalten. Mit dem Wiederholen dieser Praxisübungen wird man der absoluten Wirklichkeit immer bewusster. Wie diese jedoch aussieht, lässt sich logischerweise nicht mit Worten, Gedanken erklären.
Wer analysiert, dreht sich im Kreis. Wer zuschaut, tritt aus dem Kreis aus. So in etwa sieht der Unterschied zwischen Psychoanalyse und Buddhismus aus. Dabei gilt es nun nicht, dem Buddhismus, der gottlose Religion zu verfallen, sich eine Glatze zu rasieren und sich in einem Kloster nieder zu lassen und quasi in die nächste Rolle der Gedanken zu schlüpfen. Der Irrglaube, dass man Buddhist sein muss um entsprechende Erfahrungen zu machen, ist nicht wahrheitsgetreu.
Die im Buddhismus beschrieben Leerheit, der Raum, gilt als vollkommen, stellt daher keine Fragen und hat keine Bedingungen an den jetzigen Moment. Die Antwort auf die Frage, wer ich bin, würde ein entspanntes Ich demnach wohl in 4 Worten beantworten können: Ich weiß es nicht!
Auch wenn die wahre Natur des Geistes nicht mit unserem Intellekt wahrgenommen werden kann, ist es dennoch hilfreich einige Worte als Wegweiser, so heißt es, mit auf seinen Weg zu nehmen. Somit tappt man nicht mehr ganz so im Dunklen. Möglicherweise werdet ihr auf Egopark fündig, was die hilfreiche Worte betrifft. Wesentlich mehr Informationen zum Ego gibt es in dem Buch : JETZT! Die Kraft der Gegenwart von Eckhart Tolle. Das wir an dieser Stelle wirklich nur empfehlen können. Das wichtige dabei ist jedoch, dass jeder seine eigenen Erfahrungen machen muss. Viel Spaß dabei!
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Quellen:
Yongey Mingyur Rinpoche: Buddha und die Wissenschaft vom Glück, Ein tibetischer Meister zeigt, wie Meditation den Körper und das Bewusstsein verändert, Wilhelm Goldmann Verlag München, 2007, S. 80ff.
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